Der Bereich Energiesystemtechnik des Instituts für neue Energie-Systeme (InES) der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) hat zusammen mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und der Stiftung Umweltenergierecht (SUER) zum Abschluss des Projektes EOM-Plus einen Ergebnisworkshop in Berlin abgehalten. Das Forschungskonsortium präsentierte die Ergebnisse aus 3,5 Jahren intensiver Zusammenarbeit und diskutierte zusammen mit 30 Expert::innen aus Energiewirtschaft und -wissenschaft notwendige Weiterentwicklungen im Bereich des Engpassmanagements.
Zur Einführung begrüßte der Projektleiter Prof. Uwe Holzhammer (THI) (auch in Vertretung für die verhinderte Kollegin der FAU Prof. Veronika Grimm) die interessierten Teilnehmer und erläuterte die grundlegenden Forschungsziele des Projektes. Im aktuellen Strommarktdesign nehmen Engpässe im Stromnetz im Rahmen der Transformation des Energiesystems stetig zu, wodurch auch die Kosten für das Engpassmanagement stark ansteigen. Flexibilitätspotentiale, die aktuell vorhanden sind (bzw. in den nächsten Jahren stark anwachsen werden), können dem entgegenwirken, aber werden im aktuellen Marktdesign nicht bzw. nicht effizient mobilisiert. Hier setzt der ,Smart Market‘-Ansatz an. Als marktbasiertes Instrument zum Engpassmanagement sind Smart Markets temporär auf die Dauer des Netzengpasses und regional auf das betroffene Netzgebiet begrenzte Märkte. Diese Märkte bieten lokal finanzielle Anreize für freiwillige netzdienliche Anpassungen von Flexibilitäten und können somit zur Auflösung von Engpässen beitragen. Smart Markets sind dem regulatorischen Engpassmanagement vorgelagert, was eine Integration in das aktuelle Strommarktdesign ermöglicht. Im Rahmen des Verbundprojektes wurden die Auswirkungen dieses Ansatzes auf den deutschen Strommarkt quantifiziert und eine mögliche Umsetzung energierechtlich bewertet.
Die Wissenschaftler:innen Tanja Mast (THI) und Lukas Lang (FAU) stellten anschließend die grundlegende Methodik zur modelltechnischen Abbildung von Smart Markets im deutschen Strommarkt vor. Die Kopplung des mehrstufigen Strommarktmodells (FAU) und detailliertem techno-ökonomischen ,Smart Market‘-Modell (THI) ermöglicht sowohl die Analyse von systemischen Auswirkungen (Systemkosten, EE-Abregelung, Engpassvolumen, CO2-Emissionen) als auch die Untersuchung regionaler, technologiespezifscher Auswirkungen (,Smart Market‘-Aktivität, Umfang Flexibilitätseinbindung, Zusatzerlöse). Die Ergebnisse die-ser Modellierung zeigen, dass Smart Markets bei entsprechender Ausgestaltung Vorteile auf System- und Akteursebene bieten. Neben der Senkung von EE-Abregelung (bzw. Engpass-volumen allgemein), CO2-Emissionen und Systemkosten setzen Smart Markets regionale Preissignale, mit denen netzdienliche Anpassungen der Betriebsstrategien angereizt werden können. Geschäftsmodelle für Flexibilitäten könnten somit, um einen weiteren Use-Case erweitert werden. Die Auswertungen zeigen, dass der Mehrwert von Smart Markets stark von deren Parametrisierung (Kostenobergrenze, Mindestwirkungsfaktor) abhängig ist. Es ist ein allgemeiner Trade-Off zwischen Kosteneffizienz und Einbindung eines möglichst großen Fle-xibilitätspotentials zu beobachten.
Abschließend stellte Dr. Johannes Hilpert (SUER) die Ergebnisse der energierechtlichen Untersuchungen vor. Hier zeigt sich, dass die Strombinnenmarktverordnung der EU einer ,Smart Market‘-Einführung nicht im Weg steht, sondern diese viel mehr fordert. Das aktuelle Regime des ausschließlich regulatorischen Engpassmanagements ist nur durch die Berufung auf einen Ausnahmetatbestand (Begründung: strategisches Bieten) möglich. Da der Ursache der Ausnahmeregelung aktiv entgegengesteuert werden muss, ist hier mittelfristig mit einem Auslaufen dieser zu rechnen. Im nationalen Recht gelten Smart Markets als „marktbezogene Maßnahme“ i.S.v. § 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EnWG und sind somit mit den aktuellen Rahmenbe-dingungen vereinbar. Der Vorrang der Smart Markets vor dem regulatorischen Engpassma-nagement sollte jedoch über eine Klarstellungsregelung definiert werden. Auch im Bereich der Anreizregulierung für Übertragungsnetzbetreiber müssten noch Anpassungen durchgeführt werden, um Kosten am Smart Market den aktuellen Kosten für Engpassmanagement gleichzustellen.
Abgerundet wurde die Veranstaltung durch intensive Diskussionen über die Einordnung des Konzepts in die aktuelle Marktdesign-Diskussion sowie über Implikationen der Ergebnisse für eine Umsetzung des Ansatzes.
Die Förderung des Forschungsprojekts EOM-Plus erfolgte im Rahmen des 7. Energieforschungsprogramms aus Mitteln des Bundesministeriums Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Die Projektträgerschaft erfolgte über den Projektträger Jülich (PtJ).