Der Bereich Energiesystemtechnik des Instituts für neue Energie-Systeme (InES) der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) veranstaltete zusammen mit dem Projektpartner Stadtwerke Rosenheim (SWRO) am 13.12.2021 einen Online-Workshop, um die abschließenden Ergebnisse des von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) geförderten Projektes SmartBio ca. 30 Teilnehmern aus Forschung und Industrie vorzustellen.
Erneuerbarer Strom aus Biogasanlagen weist im Vergleich zu anderen erneuerbaren Erzeugungstechnologien relativ hohe Gestehungskosten auf. Im Gegensatz zur volatilen Stromproduktion mit Windkraft- und PV-Anlagen können flexible Biogasanlagen ihre Stromproduktion gezielt anpassen und auf Preissignale aus verschiedenen Märkten reagieren. Biogasanlagen können ihre Flexibilität nutzen, um einer möglichen sinkenden Förderintensität durch EEG oder KWKG nach der 20-jährigen Betriebszeit entgegenzuwirken. Das Projekt SmartBio untersucht, welche Zusatzerlöse Biogasanlagen bei der Teilnahme an einem marktbasierten Engpassmanagementregime realisieren könnten. Voraussetzung hierfür ist die Ergänzung des aktuell rein kostenbasierten Engpassmanagements in Deutschland um ein marktbasiertes Element (Smart Market Ansatz). Das Engpassmanagement nach dem Smart Market Ansatz ermöglicht durch die Integration bisher ungenutzter Flexibilitätspotentiale, durch den beim marktbasierten Netzengpassmanagement vorherrschenden Konkurrenzdruck und durch die über zusätzliche Erlöspotentiale mobilisierte Innovation eine Kostenreduktion der Engpassbewirtschaftung. Biogasanlagen können hierbei einen Beitrag leisten und dadurch Zusatzerlöse erwirtschaften. Diese Zusatzerlöse wurden im Rahmen des Forschungsvorhabens für verschiedene flexible Biogasanlagenkonzepte und repräsentative Engpasssituationen in Nord- und Süddeutschland im Jahr 2025 quantifiziert.
Im Rahmen des Projektes SmartBio zeigte sich, dass flexible Biogasanlagen ein wichtiger Bestandteil des marktbasierten Engpassmanagements sein können. Sowohl beim „Leistungssaldo reduzieren“ vor dem Engpass als auch beim „Leistungssaldo erhöhen“ nach dem Engpass leisten Biogasanlagen nach den erarbeiteten Forschungsergebnissen einen großen Beitrag zur Lösung von Engpässen und bewirken damit eine Kostenreduktion des Engpassmanagements und eine Vermeidung von EE-Abregelung. Die Verfügbarkeit von Biogasanlagen hängt stark vom Anlagenkonzept (Überbauungsgrad und Gasspeichergröße) im Zusammenspiel mit der Engpasscharakteristik ab. So stehen Biogasanlagen mit hohem Überbauungsgrad bei kurzen Engpässen zur Mittagszeit (wie v.a. in Bayern) oft nicht zum Einsenken zur Verfügung – tragen aber auch nicht zur Engpasssituation bei. Bei längeren Engpasssituationen in Schleswig-Holstein oder in Bayern (z.B. Signal „Leistungssaldo erhöhen“) ist für alle modellierten Anlagenkonzepte eine Engpassbewirtschaftung über den Smart Market möglich. Auf Grund der regional oft hohen installierten Leistung können bei erfolgreicher Marktteilnahme große Energiemengen zur Engpassbewirtschaftung durch Biogas mit geringem CO2-Ausstoß gentutz werden. Besonders gute Chancen auf Zusatzerlöse am Smart Market haben Biogasanlagen durch niedrige Gebote beim Signal „Leistungssaldo reduzieren“. Unter den Annahmen im Rahmen von SmartBio bewegen sich die spezifischen Erlöspotentiale am Smart Market zwischen 22 und 76 €/MWh, was im Szenariojahr 2025 - abhängig von der Aktivität am Smart Market - eine jährliche Steigerung der Stromerlöse zwischen ca. 0 und ca. 40 % bedeuten kann. Da die Gebote der Biogasanlagen beim Signal „Leistungssaldo erhöhen“ nahe an der Kostenobergrenze liegen, fällt das Potential für Zusatzerlöse wesentlich geringer aus. Die spezifischen Zusatzerlöse liegen hier zwischen ca. 0 und 23 €/MWh, was im Szenariojahr 2025 eine jährliche Steigerung der Stromerlöse von unter 3 % ergibt. Flexible Biogasanlagen können somit bei einem Engpassmanagementregime nach Smart Market Ansatz zu einer effizienten Engpassbewirtschaftung beitragen und dabei Zusatzerlöse erwirtschaften. Für Prof. Dr-Ing. Holzhammer steht es auch deshalb außer Frage, dass das schlummernde Potential der Biogasanlagen kostengünstig zur Engpassbewirtschaftung beizutragen genutzt werden sollte und Biogasanlagen als Erneuerbare Quelle auf den Weg zur nahezu CO2 freien Energieversorgung weiter eine wichtige Rolle spielen. Mit dieser abschließenden Zusammenfassung wurde der erfolgreiche Abschlussworkshop beschlossen.
Die im Rahmen des Projektes erstellte Broschüre fasst die zentralen Annahmen und Ergebnisse in SmartBio zusammen und steht hier zum Download zur Verfügung. Ein ausführlicher Bericht über die Forschungsarbeiten wird im 2. Quartal 2022 veröffentlicht.
Ein Vortrag der SWRO (Gilbert Vogler) zu Erfahrungen und Herausforderungen bei der Umsetzung des Redispatch 2.0, welcher auch beim Smart Market Ansatz eine wichtige Rolle spielt, rundete den Workshop ab und war Startpunkt eines regen Austausches zwischen Projektteam und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Das Forschungsprojekt SmartBio wurde von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) mit Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert und war an der Forschungsaußenstelle der THI in Neuburg an der Donau im Bereich Energiesystemtechnik angesiedelt.