Das Institut für neue Energie-Systeme (InES) der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) hat zusammen mit dem Verbundpartner Stadtwerke Rosenheim (SWRO) sowie dem assoziierten Projektpartner KWH Netz den ersten Workshop im Projekt SmartBio veranstaltet. Dazu hat das Projektkonsortium die Branche zu einem gemeinsamen Workshop nach Rosenheim eingeladen.
Das Forschungsvorhaben SmartBio unterstellt eine Weiterentwicklung des aktuellen Umgangs mit Netzgenpässen (dem sog. Engpassmanagement) im deutschen Stromnetz. Dieser von Prof. Dr. Uwe Holzhammer und seinen Mitarbeiter/innen weiterentwickelte Ansatz wird als Smart Market bezeichnet und fokussiert eine marktwirtschaftliche Bewirtschaftung von Engpässen, bevor die regulatorischen Maßnahmen greifen. Die Idee ist, dass in Zeiten eines Netzengpasses sogenannte Smart Markets als regionale und temporäre Ergänzung zu den regulären „traditionellen Strommärkten“ (Spot-, Termin-, Regelleistungsmärkten) aufgespannt werden. Diese intelligenten neuen Märkte bieten vor allem für kleine elektrische Kapazitäten Anreize zur marktbasierten Teilnahme an der Engpassbewirtschaftung. Das Projekt SmartBio konzentriert sich dabei auf die techno-ökonomischen Handlungsfelder für Biogasanlagen in solchen Smart Markets. Auch wenn eine Etablierung von Smart Markets zur Engpassbewirtschaftung aktuell noch offen ist, wird im Projekt untersucht, ob Biogasanlagen prinzipiell in diesem zusätzlichen Markt aktiviert werden können und welche Bedeutung den Biogasanlagen unter Beachtung verschiedener Restriktionen zukommen könnte. Dadurch wird aufgezeigt, wie Biogasanlagen in solchen Smart Markets zur (kosten)effizienten Engpassvermeidung beitragen könnten.
Im Rahmen des ersten Workshops wurde über zukünftige Smart Markets und die Rolle von Biogasanlagen mit ausgewählten Vertretern aus Energiewirtschaft und Forschung intensiv diskutiert. Dabei stellte der Projektleiter Prof. Dr. Uwe Holzhammer zunächst den intelligenten Mechanismus (Smart Market) zur Bewirtschaftung von Netzengpässen vor. Die Verknüpfung von Strommarkt und Stromnetz durch einen Smart Market soll dabei zu einer höheren Ausnutzung von vorhandenen Netzkapazitäten und zu einer Reduktion sonst ungenutzter fEE-Strommengen führen, so die Prognose von Prof. Dr. Uwe Holzhammer. Der vorgestellte Mechanismus kann dabei eine zusätzliche Option zur Organisation eines effizienten Netzbetriebs darstellen. Für die Akteure, wie beispielsweise große elektrische Verbraucher oder flexible Erzeugungsanlagen (z. B. Biogasanlagen) ergeben sich an diesem neuen Markt zusätzliche Einnahmequellen. Durch die marktwirtschaftliche Organisation soll die Engpassbewirtschaftung insgesamt kostengünstiger werden als die bisherige Abregelung von Erneuerbaren Energien (Einspeisemanagement).
Die aktuellen Überlegungen zur Rolle von Biogasanlagen als Akteur in Smart Markets wurden dabei im zweiten Teil des Workshops durch die Wissenschaftlerinnen Tanja Mast und Maria Koller den Teilnehmern vorgestellt und diskutiert. In Smart Markets können Biogasanlagen ihre Fähigkeit, die Stromeinspeisung gezielt anzupassen (d. h. die Einspeisung während Netzengpasszeiten zu verringern und zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen), für die Reduktion von Engpässen einbringen und so eine für das vom Engpass betroffene Netzgebiet dienliche Betriebsweise umsetzen. Diesbezüglich wurde zum Beispiel die Verfügbarkeit von Biogasanlagen während Netzengpasssituation für verschiedene Anlagenkonzepte untersucht und den Teilnehmer/innen vorgestellt. Die ökonomischen Auswirkungen, welche durch die Integration von netztechnischen Anforderungen in den Fahrplan der Biogasanlagen begründet sind, wurden dabei ebenfalls mit den Workshop Teilnehmer/innen diskutiert.
Der Austausch zu den beschriebenen Themen rund um Smart Markets und der Rolle von flexiblen Biogasanlagen war sehr intensiv und ermöglichte es, verschiedene Sichtweisen zur Thematik zusammenzutragen. Das tolle Feedback wie z. B. die Aussage eines Teilnehmers aus dem Stadtwerkeumfeld „ich habe heute 10 Jahre in die Zukunft blicken können“ begeistert die Wissenschaftlerinnen Tanja Mast und Maria Koller sowie den Projektleiter Prof. Holzhammer entsprechend.
Zum Abschluss des Workshops gewährten Herr Sebastian Ranner, Bereichsleiter, und Gilbert Vogler, Abteilungsleiter Bereich Virtuelles Kraftwerk, von den SWRO einen Einblick in die Umsetzung von Flexibilität im Strommarkt. Die Workshopteilnehmer/innen konnten den 10,38 MWel Gasmotor der Stadtwerke besichtigen, welcher mit ca. 3.500 Vollaststunden im Jahr flexibel zu den Zeiten mit sehr hoher Stromnachfrage betrieben wird.
Das Forschungsprojekt SmartBio wird von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) mit Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gefördert. Das Projekt ist an der Forschungsaußenstelle der THI in Neuburg an der Donau im Bereich Energiesystemtechnik angesiedelt.