In einer lebhaften Diskussion bei den Neuburger Nachhaltigkeitsgesprächen wurde am zweiten Veranstaltungsabend der Reihe die essenzielle Frage aufgeworfen: Ist Klimaschutz sozial gerecht oder nicht? Und kann es überhaupt eine gerechte Energiewende geben?
THI-Professorin Dr. Julia Blasch eröffnete den Abend mit einer einführenden Betrachtung der Themen Energiearmut und Energiegerechtigkeit. Sie wies darauf hin, dass Ungerechtigkeit sowohl bei der Verteilung der Kosten für die Energienutzung als auch bei Investitionsmöglichkeiten in energieeffiziente Technologien wie Photovoltaik-Anlagen in Privathaushalten besteht. Energiearmut, so erklärte sie weiter, sei ein komplexes Problem. Von Energiearmut betroffene Haushalte haben in der Regel ein niedriges Einkommen, leben oft in ineffizienten (unsanierten) Wohngebäuden. Daraus entstehen wiederum höhere Kosten in der Nutzung, z. B. bei der Gebäudeheizung. Diese Haushalte litten daher zusätzlich finanziell mehr unter gestiegenen Energiepreisen.
Die anschließende Diskussion mit den geladenen Gästen nahm Fahrt auf, als Professor Dr. Martin Schneider von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) die Themen Generationengerechtigkeit und Klimagerechtigkeit ansprach. Die Diksutanten waren sich einig, dass die Energiewende unausweichlich sei, aber sie müsse gerechter gestaltet werden, um weiterhin breite Akzeptanz in der Bevölkerung zu finden. Manfred Rößle von der Bürger-Energie-Genossenschaft Neuburg-Schrobenhausen-Aichach-Eichstätt eG verdeutlichte, wie politische Entscheidungen die regionale Energiewende beeinflussen und die Bürgerbeteiligung fördern oder hemmen können. Jedoch hätten viele Menschen mit geringem Einkommen oft nicht die Möglichkeit, sich an solchen Initiativen zu beteiligen. Hans-Peter Wilk, Geschäftsführer der Caritas e.V. Neuburg-Schrobenhausen, betonte, dass selbst geringfügige Preiserhöhungen, insbesondere bei Strompreisen, Menschen in die Verschuldung treiben können. Er sieht den Staat in der Verantwortung und fordert einen Ausbau des sozialen Wohnungsbaus sowie bezahlbare Mieten, um Energiearmut zu bekämpfen.
Die Diskussion über die soziale Gerechtigkeit der Energiewende endete lang nach dem offiziellen Schlusspunkt der Veranstaltung, denn viele Gäste und einige Referenten führten die Gespräche bis weit in den Abend fort. Sie zeigt einmal mehr: für die erfolgreiche Energiewende bedarf es technischer Innovationen und Finanzierungsmöglichkeiten derer – vor allem aber muss sie sozial gerecht(er) werden, wenn sie ganzheitlich nachhaltig sein soll.
Die Neuburger Nachhaltigkeitsgespräche finden von April bis Juni 2024 jeweils dienstags von 18.30 bis 20.00 Uhr am Campus Neuburg statt. Weitere Informationen zu den einzelnen Gesprächsrunden und zur Anmeldung finden sich unter www.thi.de/NNG .
Organisiert werden die Neuburger Nachhaltigkeitsgespräche vom Projekt „Mensch in Bewegung“.