In Namibia hat mehr als die Hälfte der ländlichen Bevölkerung keinen Zugang zu Elektrizität. Wegen der großen Distanzen zwischen den einzelnen Dörfern ist eine Anbindung der Haushalte an das nationale Stromnetz weder technisch noch wirtschaftlich praktikabel. Hier möchte ein deutsch-namibisches Projekt Abhilfe schaffen. Koordiniert und gesteuert wird es von der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI).
Zentral für PROCEED, so der Name des Projekts, ist die Verknüpfung von technologischen, sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Aspekten der Energieversorgung. Denn der fehlende Zugang zu Elektrizität ist eines der größten Hindernisse für die Bemühungen der Armutsbekämpfung und Industrialisierung, wie Dr. Mathias Ehrenwirth sagt. Er ist Leiter des Bereichs Gebäudeenergiesysteme am Institut für neue Energie-Systeme (InES) und koordiniert das technische Arbeitspaket des Projekts, das gemeinsam mit dem deutschen Unternehmen IBC SOLAR AG und namibischen Partnern vor Ort implementiert wird. Ebenfalls Teil des Projektes, mit stärkerem Fokus auf sozio-geographische und ökonomische Aspekte, sind Forschende der Uni Bayreuth sowie der Hochschule Neu-Ulm
Namibia steht aufgrund seiner geringen Bevölkerungsdichte und einer meist spärlich verteilen Siedlungsstruktur vor besonderen Herausforderungen bei der Elektrifizierung entlegener Gebiete. Die Lösung: Inselnetze. Die sogenannten Mini-Grids sollen die Menschen im ländlichen Raum mit Strom aus Erneuerbaren Energien versorgen.
Der zuverlässige Betrieb der Mini-Grids ist eine Herausforderung
Die Installation solcher Mini-Grids ist meist kein Problem, doch der langfristig zuverlässige Betrieb der Anlagen schon, wie Dr. Mathias Ehrenwirth berichtet. „Eine zuverlässige Stromversorgung ermöglicht die Ansiedelung kleiner Betriebe, folglich steigt der Strombedarf der Siedlungen und das Inselnetz – das nicht in gleichem Maße ‚mitwachsen‘ kann – stößt an seine technische Grenze.“ Hinzu komme, dass die Batterien und Module mit fortschreitender Zeit altern und dabei an Leistungsfähigkeit einbüßen. All diese Probleme will das Projekt in Angriff nehmen, um die Mini-Grids zukunftsfähiger zu machen, indem man bei der Planung schon diverse Dinge beachtet. Ehrenwirth: „Die Inselnetze, die in Zukunft gebaut werden, sollen von unseren Erfahrungen profitieren.“
Deswegen war die Forschergruppe nun – mit coronabedingter Verzögerung – vor Ort in Tsumkwe und Gam (Namibia). Schließlich geht es nicht nur um die rein technische Komponente, sondern auch um politische und soziale Aspekte, wie zum Beispiel die Möglichkeit von staatlichen Fördersystemen, die Akzeptanz der Mini-Grids in der Bevölkerung oder ganz praktische Fragestellungen, wie der Strom bezahlt werden kann. „Bargeldlose Bezahlmethoden sind im südlichen Afrika weit verbreitet. Von dieser Infrastruktur kann auch unser Forschungsprojekt profitieren“, berichtet Dr. Mathias Ehrenwirth.
Die Technische Hochschule Ingolstadt kann in Namibia auf ein lang gewachsenen Partnernetzwerk vertrauen: seit mehr als zehn Jahren arbeitet die THI in verschiedenen Projekten mit namibischen Partnern an einer zuverlässigen, auf erneuerbaren Energien basierenden Stromversorgung in dem südafrikanischen Land. „Unser Ziel ist es, etwas Langfristiges zu schaffen und nicht am Ende der Projektlaufzeit die Gemeinschaft vor Ort damit alleine zu lassen“, sagt der Ingolstädter Forscher.
Weiterführende Infos gibt es unter: www.thinknamibia.org.na/projects/proceed